Bestseller und so

Ich wollte doch noch meine Erkenntnisse aus dem Lesen von „The Bestseller Code“ weitergeben. 😉 Das hier sind ein paar Sachen, die ich spannend fand. Kopiert aus meinen Notizen und hoffentlich irgendwie verständlich:

Bestseller-Texte haben:
– Umgangssprache (»natürlichen« Sound)
– viele Fragen
– wenig Ausrufezeichen
– viele Ellipsen/Auslassungszeichen/… (»natürlicher« Flow)

Verben sind aktiv, Protagonisten sind aktiv. Erste Sätze z.B. deuten gleich Konflikt an/es wird sofort eine zweite Person miteinbezogen. Der Prota ist aktiv bzw. entschlossen.
Beispiele (frei aus dem Gedächtnis übersetzt):
»Das ist der Himmel«, dachte Mae.
»Anstrengender kleiner Hurensohn«, dachte Jack.
Belle stand nackt vor dem deckenhohen Spiegel und bereitete sich auf einen 35.000-Dollar-pro-Stunden-Fick mit dem fünfzehnjährigen Sohn eines arabischen Ölscheichs vor.

Top-Verben: brauchen, wollen, vermissen, lieben: stark, aktiv und eindeutig

Auch gut: sagen, mögen, hören, lächeln, greifen, ziehen, stoßen, beginnen, arbeiten, wissen, rennen, sterben, leben, schlafen, schießen

Nach wörtlicher Rede gut: fragen, sagen
(
„Was bist du denn für ein Trottel?“, fragte sie.)

brauchen, wollen!

»Nicht-Bestseller-Verben«: anhalten, zögern, fallenlassen, verlangen, warten, verharren, unterbrechen, wirbeln, schleudern, zögern, annehmen, nicht mögen, gähnen

Nach wörtlicher Rede eher ungut: verlangen, nachfragen, bitten, rufen/schreien, murmeln, protestieren/widersprechen, verkünden, beginnen, anmerken, murmeln

besonders schlecht: scheinen, wirken, wünschen (statt wollen/brauchen)

Das heißt natürlich nicht, dass man das nicht so machen darf. Es sind halt Wörter, die laut dem Buch überdurchschnittlich oft in Bestsellern vorkommen. Ich fand es spannend, auch wenn ich bisher nicht viel an meiner Schreibe verändert habe.  🙂

Wordcounttechnisch habe ich erneut mein Ziel nicht erreicht. Na gut. 🙁 Aber ich glaube, ich weiß jetzt, woran es liegt: Ich stelle mir immer einen Timer auf eine Stunde, in der ich nichts mache, als zu schreiben. In der Zeit schaffe ich einiges, grob geschätzt 1.400 Wörter im Durchschnitt. Aber die Pausen dazwischen sind zu lang, weil ich die nicht messe. Das sollte ich mal tun. Bringt für Freitag aber auch nicht viel, da ein wichtiger Arzttermin morgens und Besuch abends 8.000 Wörter unmöglich machen. Obwohl … Üben kann ich ja schon mal.

Auf der Plus-Seite habe ich eine Erotikszene geschrieben, mit der ich halbwegs zufrieden bin. Und das, obwohl ich mich ziemlich umstellen musste. Zwei Frauen sind doch was anderes als zwei Männer (ja, wirklich!).

Wordcount heute:  5.735 Wörter
Wordcount „Shirley“ insgesamt: 47.587 Wörter

Lieblingsstelle heute:
»Sorry«, flüsterte sie. »Zu fest?«
»Nein.« Die Haut an Gwens Lippen wurde ein paar Grad heißer. »Zu … gut.«
»He.« Ermutigt machte sie weiter.

Schreibtipp: Rhythmus und Varianz

Ein Schreibtipp, den ich für sehr wichtig halte, von dem ich aber selten lese. Vielleicht, weil er wie absolutes Basiswissen wirkt. Aber da ich in letzter Zeit mehr Fremdtexte gelesen habe, fiel mir auf, dass ihn doch nicht jeder kennt. Es geht hier darum, den Text abwechslungsreicher und dadurch leichter lesbar zu machen. Als ich meine ersten Texte schrieb, klangen sie noch so:

Er ging aus dem Haus und betrachtete die Wolken, die sich am Himmel zusammenbrauten. Er wunderte sich, dass sie so dunkel waren und dachte daran, dass doch überhaupt kein Gewitter vorausgesagt worden war. Er fragte sich, ob er den Wetterbericht von gestern oder morgen gelesen hatte und ob er schnell noch mal nachschauen sollte, ob heute wirklich die Sonne scheinen würde.

Nicht nur das Thema ist langweilig (juhu, Wetter!), sondern auch der Text selbst. Woran liegt das? Nun, das kommt daher, dass alle Sätze gleich anfangen (Er …), gleich aufgebaut sind und ungefähr die gleiche Länge haben. Wenn man das variiert, sieht es gleich ganz anders aus:

Er ging aus dem Haus, schloss die Tür hinter sich und stutzte. Was war das? Über ihm brauten sich verdächtig dunkle Wolken zusammen.
„Das kann gar nicht sein“, murmelte er. „Der Wetterbericht hat überhaupt kein Gewitter vorausgesagt.“
Aber die Wolken waren da, Wetterbericht hin oder her. Hatte er etwa den von gestern gelesen? Oder den von morgen? Missmutig fragte er sich, ob er noch einmal nachschauen sollte, bevor er losfuhr.

Viel besser, trotz des immer noch langweiligen Themas. Was hilft also?

  1. Satzlänge variieren, mal kurz, mal lang (und besser mehr kurz als lang)
  2. Satzbau/Satzart variieren: Fragen, Feststellungen, wörtliche Rede, beschreibenden Text, ganze Sätze und Satzfragmente mischen.

Eine gute Übung ist es, einfach mal ein paar Sätze aufzuschreiben, die nicht mit „Er/Sie tat/war das und das“ anfangen. Und aktiv nach Beispielen zu suchen.

-Dass sie eine fiese Möpp war, sah man schon an ihrer …
-Warum hätte er seinem Kumpel auch ein Bier mitbringen sollen, wenn der …
-Andererseits war Stuttgart zu teuer, um …
-Ohnehin wollte sie längst weg, also …
-Das hatten Karl und Andi sich mal wieder fein ausgedacht, die …
-Traurig sah sie ihm nach, als …
-Ohne Gnade schaufelte er …
-Schön zu sein war sehr praktisch, wenn …

Und so weiter. 🙂

*****

Und an der Buchfront … teilten die Jungs einen schönen Moment, bevor sie von einer Leiche unterbrochen wurden. Die Zwei haben einfach nie Glück. Ich muss ihnen definitiv das zuckersüßeste Happy-End der Welt bereiten, sonst kann ich nie wieder ruhig schlafen.

Wordcount heute: 4.138 Wörter
Wordcount »Damals« (Arbeitstitel) insgesamt: 45.579 Wörter

Lieblingsstelle heute:
»Oh …«, stöhnte Arthur, obwohl er irgendetwas total Schlaues hatte sagen wollen. »Du … das …«
»Mehr?«, flüsterte Kai.
Ja, wollte Arthur sagen, als er den Schrei hörte.
Den Todesschrei.

Schreibtipp: Fünf Sinne

Heute hätte ich einen Schreibtipp, den ich gerade verstärkt versuche, umzusetzen. Einer der Basics, wie „Show, don’t tell“. Mit allen fünf Sinnen schreiben. Als da wären:

-Sehen
-Hören
-Riechen
-Schmecken
-Tasten

Dean Wesley Smith sagt, dass seine Kurzgeschichten sich erst richtig verkauft haben, seit er ungefähr alle 500 Wörter alle fünf Sinne angesprochen hat. Ja, deshalb mache ich das. Der Kerl ist mein Schreib-Guru, seit er mir mit „Writing into the dark“ den Spaß am Schreiben wiedergegeben hat. Übrigens eins der wenigen Bücher, das ich auf amazon rezensiert habe. Wen mein Fangirlie-Rumgestammele interessiert: https://www.amazon.de/Writing-into-Dark-without-Outline/dp/1561466336 Das Buch, von dem ich da erzähle, war übrigens „Funkenflut“. 🙂
Zurück zu den Sinnen: Alle 500 Wörter klingt erstmal so häufig, dass es nerven könnte. Für mich zumindest. Aber wenn man es ökonomisch angeht, passen die fast in einen Satz. So einer wie: „Die Winterluft schmeckte nach Benzin und brannte auf seiner Haut wie eiskaltes Feuer, als er die Welle auf sich zukommen sah.“ zum Beispiel. Bisschen kitschig, aber das bin ich ja oft. 😉 Riechen und schmecken lässt sich zusammenfassen, wenn man es knapp halten will. Wenn nicht, kann man sich richtig austoben. Ich achte gerade darauf, weil ich sehr handlungs-/dialogfixiert bin und Beschreibungen oft auf der Strecke bleiben. Aber wenn der Leser nicht das Gefühl hat, selbst am Handlungsort zu stehen, verschenkt man eine Menge Potential. Ich versuche, Bücher zu schreiben, in denen man „mittendrin“ ist, statt nur von außen zu beobachten und da hilft das ganz enorm.

Heutiger Wordcount: 4.444 Wörter
Wordcount »Tiefgefroren« (Arbeitstitel) insgesamt: 24.473 Wörter

Lieblingsstelle heute:
Selbst, als er die Haustür ins Schloss fallen hörte, blieb er ruhig. Setzte sich auf das Sofa, faltete die Hände und verdichtete das Eis in seiner Brust, bis es so undurchdringlich war wie eine Eisenmauer.