
So, wir sind raus aus Tolino und wieder exklusiv. Aber nur 3 Monate lang! 🙂
Autorin
So, wir sind raus aus Tolino und wieder exklusiv. Aber nur 3 Monate lang! 🙂
Es gibt was Neues! Endlich! Den Bayern, a.k.a. den Schönen und das Biest und das Weißwurstfrühstück oder auch „Das Monster im 5. Stock“. Es geht um Wastls (ja, »Wastls«) Abenteuer in München. Klingt klamaukig-lustig, ist es auch … meistens. Wie mir meine Testleser bestätigt haben, fließen ein paar Tränen. Wastl trifft nämlich auf Adrian und der ist eine ganze Ecke düsterer und verschlossener als mein bayerischer Sonnenschein. Okay, das ist fast jeder. Mit Wastls Optimismus kann es höchstens noch Sunny aus »Sonnengeküsst« aufnehmen.
Falls du ihn kennenlernen magst, hätte ich hier einen schicken Klappentext:
Endlich in München! Jetzt braucht Wastl nur noch eine Wohnung und dann kann er sich auf die Suche nach der großen Liebe machen. Der größten! Leider findet er keine Wohnung. Nach unzähligen Besichtigungen landet er versehentlich im Luxusappartement von Adrian, den ein düsteres Geheimnis umgibt.
Was macht das naive Landei mit dem furchtbaren Dialekt in seiner Wohnung? Adrian will seine Ruhe! Und weiter einsam leiden, so, wie er es verdient. Doch Wastl umgarnt ihn mit grauenvollen Gerichten und seinem strahlenden Lächeln, und mit jedem Tag, der vergeht, stiehlt er sich mehr in Adrians Herz …
Diesmal startet das E-Book gleichzeitig auf fast allen Plattformen:
Auf Amazon!
Auf thalia.de!
Auf hugendubel.de!
Auf weltbild.de!
Und allen anderen!
KU kommt später, weil das nicht gleichzeitig mit allem, was nicht Amazon ist, geht. Hier ist ein Blogbeitrag dazu, für alle, die es interessiert: https://www.reginamars.de/amazon-tolino-und-ku-und-eine-sehr-komplexe-veroeffentlichungsstrategie/
Und am Print sitze ich gerade.
Viel Spaß beim Lesen!
Der folgende Text ist vermutlich nur für Selfpublishing-Nerds wie mich interessant. Und die Leser, die sich fragen, warum sie mein neues Buch noch nicht über KU lesen können. Und die Tolino-Leser, die plötzlich genau so schnell bedient werden wie die Amazon-Leser.
Also … Wo fange ich an?
Wenn ich bei Amazons Selfpublishing-Plattform kdp (kindle direct publishing) veröffentliche, habe ich die Möglichkeit, das Buch auch über indle unlimited (KU) anzubieten. Das ist eine Lese-Flatrate, über die man für 9,99 im Monat so viele E-Books lesen kann, wie man will. Und das wird genutzt. Die Hälfte meiner Leser liest über KU. Klingt super, oder? Ist es auch.
Es gibt nur zwei Nachteile:
Nachteil 1: Damit Amazon meine Bücher für KU zulässt, muss ich mindestens 3 Monate exklusiv bei ihnen sein. Erst danach kann ich aus KU raus und die E-Books auch bei Tolino einstellen. Und das ist verdammt schade. Ich würde lieber alle gleichzeitig bedienen. Viel, viel lieber. Jeder soll meine Bücher da kaufen können, wo er will.
Nachteil 2: das liebe Geld. Wenn ein Leser das komplette E-Book über KU liest, bekomme ich dafür Geld von Amazon. Leider nicht viel, und es wird immer weniger. Die Entwicklung könnt ihr hier nachverfolgen: http://www.selfpublisherbibel.de/kindle-unlimited-quoten-fuer-februar-2019-leicht-aufwaerts/. Inzwischen bekomme ich für ein gelesenes E-Book nur noch ein Drittel von dem, was ein Verkauf einbringt. Und ich brauche das Geld. Ich lebe von dem Scheiß. Zusätzlich steigen immer mehr Leser von Kaufen auf KU um, was ich aus Lesersicht total verstehe, aber: Ich lebe von dem Scheiß.
Das System kann ich nicht ändern. Aber meine Veröffentlichungsstrategie. Und JETZT wird’s erst kompliziert. 😀
Ich habe keine Lust mehr, meine Tolino-Leser wie Kunden zweiter Klasse zu behandeln. Die sind genauso nett wie die Amazon-Leser, schreiben mir genau so tolle Nachrichten und im Gegensatz zu den KU-Lesern zahlen sie den vollen Preis. Nichts gegen die KU-Leser. Ich liebe euch! Ihr seid großartig und ihr schreibt so unglaublich liebe Rezis. Aber es ist einfach unfair, dass die Tolino-Leute IMMER warten müssen.
Also, was tun? Ich habe immer noch keine perfekte Lösung. Aber eine bessere. Das nächste Buch veröffentliche ich parallel auf Amazon und den Tolino-Plattformen (Thalia.de, Hugendubel.de usw.). Ohne KU. Nach einer Woche pausiere ich das E-Book dann auf den Tolino-Plattformen und stelle es bei KU ein. Die KU-Leser sollten es 10 Tage nach Veröffentlichung lesen können. Immer noch nicht ideal, aber besser, jemand muss 10 Tage warten als 3 Monate. Und immerhin haben ALLE in den ersten zwei Wochen die Möglichkeit, das E-Book zu kaufen oder zu leihen.
Der einzige Nachteil ist, dass die KU-Leihen im Amazon-Ranking (den Bestsellerlisten) zählen wie Verkäufe. Diesmal wird’s also wohl nichts mit dem schönen »Bestseller Nr.1«-Label. Das opfere ich der Gerechtigkeit. Jou. Mal sehen, wie mein Ego das verkraftet. 😀
Nachtrag: Meinem Ego geht’s gut, dem feisten Miststück. Bestseller Nr. 1, Baby!
Wir hatten es ja angedroht, äh, angekündigt: „Das Mondmal“ war nur Teil 1 der ersten uferlosen Buchreihe. „Flammensturm“, Tanjas Geschichte von Krieg, Liebe, Elfen, Menschen und Alpträumen ist Band 2. Nun ist sie vorbestellbar und ab Freitag bei Amazon erhältlich. Hier: https://www.amazon.de/Flammensturm-uferlos-Seelengef%C3%A4hrten-Tanja-Rast-ebook/dp/B07NCPG6XW/
Geschichte neigt dazu, sich zu wiederholen. Aus gutem Grund bewahren die Elfen die Geschichten über ein Krieger- und Liebespaar, das einst die Albtraumgespinste zurückgeschlagen hat.
Mit Lobpreisung hat Elfenkrieger und Hitzkopf Zeriac gerechnet, als er einen der verhassten menschlichen Soldaten als Gefangenen ins Lager schleppt. Aber es kommt anders: Ein Blick auf den sanften und allzu höflichen Hünen Curan genügt der Stammesältesten, um den beiden jungen Männern Scheußliches zu eröffnen. Dabei stellt die Rückkehr der monströsen Albtraumgespinste das kleinste Problem dar, findet Zeriac. Schlimmer ist das, was die Alte da über ein mystisches Paar faselt …
Zeriac kennt die Legende natürlich, sieht aber gar nicht ein, sich sein Leben von einer angeblichen Schicksalsmacht vorschreiben zu lassen – und wen er gefälligst zu lieben hat! Doch die Armeen der Albtraumkönigin rücken unaufhaltsam vor, und Zeriac und Curan stehen vor ihrer größten Schlacht. Denn den monströsen Kreaturen ist es gleich, ob sie Mensch, Zwerg oder Elf zerfleischen …
„Das Mondmal“ a.k.a. „Seelengefährten 1“ a.k.a. „Die lustigen und unlustigen Abenteuer von Ridley, Slar und Onex“, ist heute morgen erschienen. Hier! Und es schlägt sich erstaunlich gut. Nummer 1 in „Fantasy für Homosexuelle“? Nicht schlecht, Jungs! Eine ausführliche Leseprobe gibt es drüben auf Amazon auch. Und schon vier Rezensionen, falls ihr wissen wollt, was meine Leserunde davon hält.
Hier ist der Link: https://www.amazon.de/Das-Mondmal-uferlos-Seelengefährten-1-ebook/dp/B07M6ZZCMM/
Klappentext? Klappentext!
Zwei Helden, vom Schicksal zusammengeführt! Zwei Herzen, eine Bestimmung!
Das
Autorenkollektiv „Die Uferlosen“ präsentiert: „Seelengefährten“. In
jedem Buch wird das Thema neu interpretiert, aber eins haben alle Bände
gemeinsam: Sie gehen direkt ins Herz.
Zwei
Herzen, ein Zeichen. Wer das Mondmal eines anderen trägt, ist mit ihm
verbunden – für immer. Doch was, wenn dein Zeichen jemandem gehört, den
du hasst?
Nach einer harten Kindheit im Waisenhaus geht es
für Ridley endlich aufwärts. Als »Zukal der Zerstörer« ist er der beste
Käfigkämpfer der Arena, und bald wird er auch der beste Heiler der
Akademie sein. Jemand wie er glaubt nicht an Mondmale. Keine Göttin kann
ihm vorschreiben, wen er zu lieben hat. Sein einziges Problem ist
dieser Idiot von der Tempelwache, der sein gesamtes Geld in den Kanal
geworfen hat. Und nur, weil Ridley ein winziges Boot geklaut hat …
während darauf eine Trauerzeremonie stattfand
Slar wird den feigen Dieb finden, der ihn vor seinem besten Freund lächerlich gemacht hat. Nicht nur, weil er heimlich in diesen besten Freund verliebt ist. Sondern auch, weil Gesindel wie Ridley Zukal nicht frei herumlaufen darf. Selbst wenn dieses Gesindel den Körper eines Kriegsgottes und ein überaus anziehendes Lächeln hat …
Es geht wieder los! 😀 Aber heute ist mein neuer Roman „Das Mondmal“ auf Amazon vorbestellbar. Und am 10. Januar erscheint er.
Dieses Buch ist etwas ganz Besonderes: „Das Mondmal“ ist nämlich Teil 1 einer Reihe, die ich mit meinen uferlosen Kolleginnen geschrieben habe. Tanjas „Flammensturm“ ist Band 2 und Band 3 … wird noch nicht verraten. Aber bald darf ich hoffentlich mehr sagen.
Da Amazon noch keinen Blick ins Buch erlaubt, ist hier eine Leseprobe: Kapitel Eins, in dem wir den charmanten Ridley Zukal kennenlernen. Der, damit wir ihn direkt ins Herz schließen, erst mal ein Boot klaut, rumhurt und sich prügelt. Ridley! Lass das!
Ein angenehmer Morgen
Ridley wettete auf sich selbst und gewann. Wie immer. Na gut, ab und zu verlor er auch, aber das kam so selten vor, dass er es großzügig vergaß.
»Ich bin der Größte!«, brüllte er und riss seinen biergefüllten Pokal hoch. Schaum schwappte auf die Bodenbretter und vermischte sich mit dem Blut, das aus seiner geplatzten Unterlippe tropfte.
»Zukal!«, schallte es ihm entgegen. Die Menge war so dicht gedrängt, dass er das Ende der Halle kaum sah. Dutzende schmutziger Hände rissen an den Gittern des Käfigs und brachten das ganze Ding zum Klappern und Summen. Sie schüttelten warme Tropfen von den Stäben an der Decke, die seine nackten Arme trafen. Und die reglose Gestalt seines Gegners, der mit dem Gesicht voran auf dem Boden lag.
Ridley grinste noch einmal in die Runde, dann verschwand er durch die Klappe, die Minos, der Türsteher, ihm aufhielt. Der klopfte Ridley knapp auf die Schulter. Ridley erwiderte die Geste, dann verschluckte die Menge ihn.
»Ich hab 200 Gulden gewonnen!«, kreischte ihm jemand ins Ohr. »200! Ich hab gewusst, dass ich auf dich wetten muss! Du bist der Hammer, Mann!«
»Wahnsinn! Wie du ihm die Faust durch die Fresse gezogen hast!« Ein zahnlückiges Lachen. Die Frau war höchstens einundzwanzig. »Wahnsinn!«
»Zukal!« Ein hübscher Braunhaariger warf sich in seine Arme. Ridley kannte ihn. »Guter Kampf.«
»Danke.« Ridley packte den Hinterkopf des Kerls und steckte ihm seine Zunge in den Hals. Er schmeckte Rum, Schweiß und schweren Wein. Lecker. Jetzt wusste er wieder, woher sie sich kannten. Sie waren schon einmal übereinander hergefallen, als er vor ein paar Wochen Ragan Rotauge besiegt hatte. Sah aus, als würden sie das heute Abend wiederholen.
Sie wiederholten es. Lange.
Als Ridley aus der abblätternden Haustür des Braunhaarigen trat, dämmerte es bereits. Farben schälten sich aus dem Grau und die Halbmondstadt schien sich blinzelnd die Augen zu reiben. Noch war niemand auf der Straße. Pfeifend richtete Ridley sein ärmelloses Hemd und ging durch die schmale Gasse. Über ihm neigten sich die hohen Fassaden einander zu, als wollten die Dachrinnen sich küssen. Es stank nach Algen, aber das tat es hier immer. Die Halbmondstadt war auf Wasser gebaut. Man konnte kaum einen Stein werfen, ohne dass der im graugrünen Wasser eines der Kanäle versank.
»Ein weiterer erfolgreicher Arbeitstag für Zukal den Zerstörer!«, rief Ridley Dreck und Pflastersteinen zu.
Das Gewicht der Münzen wog schwer an seinem Gürtel. Ja, seine Börse war reichlich gefüllt. Sieben zu eins hatten die Wetten gestanden. Nur, weil sein Gegner drei Fingerbreit größer gewesen war als er. Auf die Größe kam es nicht an. Außerdem war Ridley verdammt groß. Er hielt an einer der moosüberwucherten Brücken, um ins Wasser zu schauen. Im trüben Dämmerlicht sah er nicht viel, aber er erahnte in den dunklen Schemen sein Gesicht. Soweit er das beurteilen konnte, sah er fantastisch aus, trotz der geplatzten Lippe. Mehr als fantastisch. Dieser Kerl von vorhin, der hatte kaum aufhören können, seine muskelbepackten Arme zu betatschen und ihm zu erklären, wie heiß er war. Der hatte seinen Namen noch lauter geschrien als die Menge vorhin, als Ridley ihn gestoßen hatte.
Zufrieden ging er weiter.
»Zukal!« Eine röhrende Stimme hallte durch die enge Gasse. Ridley stoppte abrupt. Drei Männer und eine Frau traten aus dem Schatten eines Hauseingangs. Ein Wunder, dass er die Frau nicht vorher gerochen hatte. Sie stank nach altem Bier und noch älterem Schweiß. Alkohol hatte sich in ihr Gesicht gefressen und es in ein rotes Kraterfeld verwandelt. Die drei Kerle, vielleicht ihre Söhne, sahen kräftiger aus. Tumb und breitschultrig, aber das war es nicht, was ihm Sorgen machte. Das waren die Messer, die in ihren Händen blitzten.
»Hallo, schön euch zu sehen«, sagte Ridley strahlend und rannte weg. Genau in einen vierten Mann hinein, der noch schlimmer roch als die Frau. Feucht-fischige Haut traf auf Ridleys Nase, die ohnehin schon vom Kampf lädiert war.
Er hielt sich nicht mit Fragen auf. Es war klar, dass die Fünf ihm schaden wollten. Instinktiv ließ er sich fallen, gerade rechtzeitig, um nicht vom Messer des vierten Mannes skalpiert zu werden. Er packte den Kerl am Knie und riss es nach vorn. Sein Gegner knickte ein und Ridley hatte freie Bahn. Er nutzte seine Chance.
Blitzschnell sprintete er zurück, über die Brücke, von der er eben noch sein Spiegelbild bewundert hatte. Mist, die Pflastersteine waren rutschig. Fast hätte er sich am Ende der Brücke auf die Fresse gelegt. Oder lag es an dem Alkohol, der immer noch durch seine Blutbahnen rauschte? Nach dem fünften vollen Pokal hätte er eventuell aufhören sollen.
Wohin? Am besten einfach weiter. So fertig wie die Alte aussah, würde zumindest sie nicht mithalten können. Und die Männer hatten auch nicht gerade leichtfüßig gewirkt. Trottel. Er hätte fast gelacht … aber dann wäre er in den Mehlwagen gerannt, der genau in diesem Moment um die Ecke bog. Der Kutscher sowie der Esel, der das wackelige Gefährt zog, sahen ihn entsetzt an. Keine Zeit, anzuhalten. Ridley fluchte. Er packte den oberen Rand der Kutsche, setzte einen Fuß auf das metallbeschlagene Rad und hechtete über die prall gefüllten Leinensäcke. Im Aufkommen stolperte er und rollte sich über die Pflastersteine ab.
»Scheiße«, murmelte er, als er sich hochrappelte. Konzentration. Sein biervernebelter Kopf durfte ihm nicht zum Verhängnis werden. Einen Würgreiz unterdrückend strauchelte er weiter. Seine Schritte hallten von den Wänden der schmalen Gasse wider. Hinter ihm erklang ein dumpfes Geräusch.
Weiterlaufen, dachte Ridley und drehte sich trotzdem um. Weiße Schwaden verbargen den Mehlwagen und krochen auf ihn zu. Seine Verfolger hatten den gleichen Weg wie er genommen und dabei anscheinend einen Mehlsack zum Platzen gebracht. Gut. So war er einen Moment lang vor ihren Blicken verborgen. Noch besser: Rechts von ihm tat sich ein Hofeingang auf. Er warf sich herum und verschwand darin.
Kaputte Fässer türmten sich in dem finsteren Hinterhof auf. Er war klein und quadratisch und die Mauern so feucht, dass sie schimmelten. Von ihrer ehemals roten Farbe waren nur noch vereinzelte Flöckchen übrig. Links und rechts von ihm ragten Hauswände auf, vor ihm eine hohe Mauer. Und dahinter … Er hörte das träge Schlappen des Wassers. Ein Kanal. Der modrige Geruch der Algen war unverkennbar. Er hatte keine Lust, sich in die widerliche Brühe zu stürzen. Vermutlich war die eh so dick, dass er absaufen würde. Na ja, musste er auch nicht. Die schnellen Schritte, die aus der Gasse erklangen, wurden lauter und rauschten an dem Hofeingang vorbei. Ridley schüttelte den Kopf.
Trottel, dachte er mal wieder.
»Warte!«, erklang eine Stimme aus der Gasse. »Ich glaube, er ist da rein.«
Oh.
Schritte näherten sich. Weniger Füße. Sie schienen sich aufgeteilt zu haben. Ridley sah sich nach einem Versteck um, aber der Hof war zu eng und die Fässer zu kaputt. Keins davon hätte ihn verborgen. Seufzend drehte er sich um. Ein zahnlückiges Lächeln erwartete ihn.
»Da bist du, du Scheißbetrüger.« Der Kerl sah aus wie ein versoffener Zuchtbulle. Der andere, der sich in den engen Hof schob, ebenfalls. Vermutlich waren sie Brüder.
»Hallo.« Ridley lächelte charmant. »Schön, dass ihr mich gefunden habt. Wollt ihr mir jetzt erklären, was euer Problem ist?«
»Unser Problem ist, dass du ein Scheißbetrüger bist«, schnarrte der Zuchtbulle. Sein Bruder nickte.
»Ich. Ein Betrüger.« Ridley schnaubte. »Das hab ich doch gar nicht nötig. Lasst mich raten: Ihr habt bei dem Kampf vorhin einen Batzen Gulden in den Sand gesetzt, weil ihr nicht auf mich gewettet habt. Lasst euch das eine Lehre sein. Ich gewinne immer.«
»Ein Scheißbetrüger bist du!«, bellte der Zuchtbulle. »Du hattest doch keine Chance gegen Steve den Schlächter! Meinst du, wir merken das nicht?«
»Ich glaube, ihr merkt so einiges nicht.« Ridley roch das widerliche Wasser hinter der Mauer und seufzte innerlich. Hätten sie keine Messer gehabt, hätte er sich auf einen Kampf eingelassen. Obwohl … »Ach, was soll’s?«, murmelte er.
Kaum hatte er einen Schritt gemacht, tauchten die anderen beiden Männer auf. Vergölzt! Ridley fuhr herum. Er packte die nächstbeste Tonne und warf sie auf die Vier. Mit einem feuchten Knall zerschellte sie. Er machte sich nicht die Mühe, nachzusehen, ob das irgendetwas bewirkt hatte. Er sprang. Holz knirschte unter seinen Füßen, aber das morsche Fass hielt. Seine Hände packten die Mauer. Die Steine waren so glitschig wie der ganze schimmlige Hinterhof. Er rutschte. Abrupt löste er die Linke und griff damit um die hintere Kante, genau in dem Moment, in dem die Rechte abrutschte. Endlich fanden seine Finger Halt. Mit einem Satz war er auf der Mauer.
»Bis bald, ihr Fischfotzen.« Er grinste den vier Trotteln zu. Die nahmen Anlauf, um ihm zu folgen. Mist.
Ridley sprang. Wind rauschte um seine Ohren. Erst im Fallen sah er, worauf er zusteuerte. Fast hätte er gelacht.
Er prallte auf harte Planken, rollte sich ab und knallte gegen die Reling, die mit Holzschnitzereien verziert war. Das Boot, auf dem er gelandet war, schwankte. Stoff flatterte und ein Schrei ertönte. Jemand in einer grünglänzenden Kutte ging über Bord.
Zwei erstaunte Augenpaare unter spiegelnden Glatzen sahen ihn an. Wächter der Göttin. Gold glitzerte zwischen den beiden: Eine Urne thronte auf Samt, auf einem Sockel in der Mitte des Zeremonienbootes.
Mehr Augenpaare starrten ihn von der anderen Seite an, vom Gehweg. Hunderte. Er war in einer verdammten Trauerprozession gelandet. Die Anhänger der dreiarmigen Göttin führten sie immer zu den blödesten Zeiten durch, was nur ein Grund war, aus dem Ridley diese kalten Frömmler nicht leiden konnte.
Immerhin glitten sie an der Mauer vorbei. Darauf sah er seine vier Verfolger hocken, die ihm wütend nachstarrten. Sie rührten sich nicht. Offenbar hatten sie zu viel Schiss vor dem Zorn der dreiarmigen Hure, um ihre Prozession zu stören.
Der Bürgersteig quoll fast über vor Menschen. Da würde er nicht durchkommen, ohne dass ihn die Wächter der Göttin in der Luft zerrissen. Diese breitschultrigen, in Kutten gekleideten Schränke hatten sich vor den normalen Frömmlern und den Angehörigen aufgebaut. Zwei, drei hätte er ausschalten können, aber nicht zwanzig. Wer immer da in der Urne vor sich hin staubte, musste wichtig gewesen sein. Im Boot allerdings … da befanden sich nur zwei Wächter. Und sie fuhren genau auf das Ende der Strecke zu: Einen Tunnel. Ein dunkles Loch in der inneren Stadtmauer, an dem der Bürgersteig endete. Wenn er da durchkam, würde ihm niemand folgen können.
Eine Faust raste auf sein Gesicht zu und nur durch seine Reflexe schaffte er es, auszuweichen. Einer der beiden Wächter. Ridley packte ihn am Kragen seines Kittels und warf sich rückwärts. Seine Füße schossen hervor und kaum war der schwere Körper auf ihm gelandet, hatte er ihn schon über Bord geschleudert. Gut so. Nur noch einer. Der starrte ihn an, als hätte er keine Ahnung, was Ridley hier wollte. Besonders schlau schien er nicht zu sein. Ganz blöd aber auch nicht: Er hob die Stange, mit der er das Boot durch den Kanal gesteuert hatte, wirbelte sie herum und hielt sie kampfbereit vor sich. Der hier schien etwas mehr draufzuhaben als der andere. Er wartete ab, was Ridley tat.
»Tschuldige«, lallte Ridley und gab vor, zu stolpern. Im Fallen griff er nach der Stange, warf sich herum und nutzte den Schwung, um dem Wächter das Ende des Stabs in den Magen zu rammen. Der Kerl strauchelte. Ridley packte den Stab fester und stieß ihn mit drei schnellen Stößen gegen die Brust des Wächters. Es reichte, um ihn in das grünbraune Wasser zu befördern. Eine Welle übelkeiterregenden Geruchs stieg auf, als der massige Körper des Wächters die Oberfläche durchbrach.
Schatten legten sich über Ridley. Sanft glitt das Schiff in den Tunnel. Er lachte. Okay, das war ein beschissener Morgen gewesen, aber die blöden Gesichter in der Prozession waren es wert gewesen. Wie sie ihm hinterher starrten!
Zwei Wächter halfen ihrem Kameraden aus dem Wasser. Der Priester, der als Erster über Bord gegangen war, stand bereits tropfend auf dem Pflaster und schaute, als hätte man ihm ins Weihwasser gepisst. Seine schlappen Wangen hingen fast bis zu den Schultern.
Ridley winkte ihnen zu, während der Tunnel ihn verschlang.
Die Urne hinter ihm war bei dem Kampf nur minimal verrutscht. Er packte sie und wog sie in den Händen. Schwer. Leider nicht aus massivem Gold.
»Vielleicht ist das Ding trotzdem was wert.« Ridley versuchte, in der Düsternis die Inschrift zu lesen. »Für einen armen Schlucker würden sie nicht so einen Aufstand veranstalten. Wolltest du etwas Wertvolles mit ins Grab nehmen? Etwas schön Schweres, Goldenes? Einen Armreif?«
Der Deckel saß fest. Er ließ sich weder drehen noch heben, was seine Vermutung noch bestärkte.
»Komm schon«, brummte Ridley.
Ein Klatschen hinter ihm. Er fuhr herum. Breite Finger griffen die Reling und einen Atemzug später wuchtete der zweite Wächter sich ins Boot. Algen klebten auf seiner Glatze und Mordlust funkelte in seinen Augen.
»Leichenschänder«, knurrte er.
Genau in diesem Moment endete der Tunnel und Ridley fiel auf, was er vorhin nicht bemerkt hatte: Die kantigen Gesichtszüge und schmalen Augen des Soldaten. Die spitzen Ohren. Der Kerl war ein Halbblüter. Sein Körper, an dem der einfache weiße Kittel und die Lederrüstung klebten, war muskelbepackt, sehnig und gigantisch. Die karamellfarbene Haut und die violetten Augen glichen Ridleys, aber er hätte hundert Gulden darauf gewettet, dass die Haare des Kerls weiß waren, wenn er sie wachsen ließ.
»Ich wusste nicht, dass die Bleichen die dreiarmige Hure anbeten«, sagte Ridley leichthin.
Das Gesicht des Kerls verfinsterte sich. Aber er schwieg.
»War deine Mutter aus dem Norden? Oder war es dein Vater?« Ridley beobachtete jede winzige Bewegung des Wächters. Wenn er ihn provozierte, würde er Fehler machen. »Ich schätze, dein Vater. Gibt genug von euch Bastarden in den Bergen. Manchmal glaub ich, jede Bauersfrau von hier bis Efemir hat die Beine für die Bleichen breitgemacht. Hat deine Mutter es sich gut bezahlen lassen?«
Er sah die Wut in den Augen des Kerls, aber seine Haltung änderte sich nicht. Auch er wartete. Sie standen sich gegenüber wie zwei Bären, kampfbereit, darauf wartend, dass der andere den ersten Fehler machte.
»Erzähl mir nicht, dass diese Frömmler dich wie einen der ihren behandeln. Glaubst du echt daran, dass die Göttin uns alle erlösen wird?«
»Die Göttin wird dich strafen.« Die tiefe Stimme schien aus den Niederungen der Unterwelt zu kommen.
»Die Göttin straft jeden, du Idiot. Egal, ob er was getan hat oder nicht.« Ihr Bild tauchte in Ridleys Erinnerung auf: Kalt starrte sie auf ihn nieder, ihr Schlangenblick mitleidslos. Fast spürte er die Fesseln um seine Handgelenke, die Kante der Bank, die sich in seine Knie grub, sie durchscheuerte, ihn quälte, bis die Tränen von seinem Kinn tropften, obwohl er sich geschworen hatte, stark zu sein …
Der Soldat griff an. Mist, jetzt hatte er sich ablenken lassen! Ridley wollte dem Griff ausweichen, schaffte es aber nicht. Schmerz schoss in seinen Rücken. Sein Hinterkopf schlug auf die harten Planken. Er versuchte, die Beine unter sich zu bekommen, den Kerl herunterzutreten, aber alles, was er zustande brachte, war sich den Ellenbogen zu stoßen. Der Griff des Wächters war unbarmherzig, sein hässliches Gesicht hart. Krallen packten Ridley und schleuderten ihn herum. Seine Nase prallte auf Holz.
»Pass doch auf!«, brüllte er und trat zu. Er hatte Glück: Sein Hacken kollidierte mit der einzigen weichen Stelle des Wächters: seinem Schritt. Er hörte ein leises Ächzen, der Griff lockerte sich minimal und er schaffte es, sich herauszuwinden.
Einen Schlagabtausch später standen sie sich keuchend gegenüber. Blut rann aus Ridleys Nase und er wusste, dass dem Wächter die Eier brannten. Nicht, dass der sich das hätte anmerken lassen. Eine Fresse aus Stein hatte der Halbblüter.
»Mann, lass mich doch einfach gehen.« Er schnaubte. »Ich will das Scheiß-Boot nicht klauen. Ich will nur weg von hier. Wie wär’s, wenn ihr es mir leiht und ich es morgen zurückbringe?«
»Du hast die Prozession gestört.« Vollkommen humorlos, der Typ. »Ketzer.«
»Gut erkannt, ich bin ein Ketzer. Und … Hey!« In den Pranken des Wächters baumelte etwas, das Ridley kannte. Er musste nicht einmal an sich herabsehen, um zu erkennen, dass sein Geldbeutel fehlte. Das fehlende Gewicht spürte er auch so. Wann hatte der Kerl ihm den abgenommen?
»Ist das Diebesgut?«, fragte der Wächter und hielt den Beutel höher. »Hast du es gestohlen?«
»Was? Nein.« Ridley lachte spöttisch. »Das habe ich ehrlich gewonnen.«
»Im Spiel?«
»Beim Kampf.«
»Lügner. Die Göttin verachtet Glücksspieler«, sagte der Wächter und schleuderte Ridleys Geldbeutel hinter sich.
Als würde es hundert Jahre dauern, sah er zu, wie der lederne Beutel durch die Luft flog, mit einem Platschen die Wasseroberfläche durchbrach und sank. Ridley stürzte vorwärts. Genau in die Falle des Wächters. Der packte ihn um die Taille und schleuderte ihn zu Boden. Ridley spürte seine Rippen knacksen. Die Luft verließ seine Lungen und sein Kopf knallte gegen den Sockel, auf dem die Urne stand.
Nein! Das Geld! Er brauchte das verdammte Geld, dieser verdammte Mistkerl sollte … Ein dumpfer Laut erklang über ihm. Dann rollte etwas Schweres an seinem Kopf vorbei. Die Augen des Wächters verdrehten sich und er sackte auf Ridley zusammen. Einen Moment lang fühlte er sich an seinen braunhaarigen Liebhaber erinnert. Der war vorhin auch auf ihm zusammengebrochen, in fast der gleichen Position. Nur, dass der Wächter ihm bestimmt keine Schweinereien ins Ohr flüstern würde. Ein schmaler Blutstreifen lief an seiner Schläfe entlang und Ridley kapierte, dass die Urne auf dem Kopf des Mistkerls gelandet war. Er hätte gelacht, aber sein verdammter Wettgewinn trudelte gerade dem Boden des Kanals entgegen. Er hatte keine Zeit! Gleich würde die verdammte Prozession hier auftauchen und zwanzig von diesen bekloppten Wächtern würden versuchen, ihm die Fresse zu polieren.
Mit einem Fluch stürzte er sich in das stinkende Wasser.
Kleines Update: Ich lebe immer noch (bin nur todmüde, haha) und komme sogar zum Schreiben. Gerade ist eine Kurzgeschichte von mir in der Anthologie „Sommernachtsflüstern“ erschienen. Weiter unten ist eine kleine Leseprobe für alle, die es interessiert.
Außerdem ist „Dichte Dichter 1: Milan“ beendet und komplett auf Wattpad erschienen. UND ich habe gleich weitergemacht und meine Seelengefährten-Story angefangen. Sie heißt „Seelengefährten: Ridley„, was ein sehr fauler Arbeitstitel ist. Der nächste wird besser, ich versprech’s. 🙂
Uuuund ich habe wieder für die Greenlight Press illustriert. 🙂 Die Zeichnungen sind so schön geworden, dass ich einfach damit angeben muss. 🙂
Hier sind Johanna und Leonardo aus „Das Erbe der Macht„
Das M.O.R.D.s-Team
Portraits von allen Greenlight Press-Autoren und Mitarbeitern
Und, weil sie direkt danach noch Zuwachs bekommen haben, die entzückende I.Reen Bow
Das war’s soweit mit meinen Neuigkeiten. Also, bis auf die versprochene Leseprobe, die folgt jetzt. Ich geh mal wieder das Baby bespaßen. 🙂
++++ Leseprobe „Ramen am Rhein“ ++++
»Was ist jetzt?«, fragt er in inzwischen perfektem Hamburgisch. »Kommst du mit nach Düsseldorf? Ich fahre morgen eh, dann kann ich dich auch mitnehmen.«
»Mit dem Motorrad?«
»Ne, dem Auto.«
»Oh, gut.« Ich bin so langweilig. »Und was machst du in Düsseldorf? Familie besuchen?«
»Nein.« Sein Gesicht verschließt sich wie eine Auster. »Hab was zu erledigen. Unwichtig.«
Ich verkneife mir weitere Fragen und beschließe, spontan zu sein. »Ich bin dabei. Danke, Kyo.« Ich lächle. Er lächelt ebenfalls, allerdings liegt etwas Scharfkantiges in seinen Mundwinkeln.
»Oh, ich mache das nicht umsonst.«
»Kein Problem, wenn du warten kannst. Montag wird mein Gehalt …«
»Ich kann nicht warten.« Er beugt sich über den leeren Tisch, so weit, dass ich ihn riechen kann. Frisch geduscht, mit einer leichten Minznote. »Wenn ich dich mitnehme, lässt du mich endlich ran.«
»Äh, was?«, stottere ich.
Lauernd sieht er mich an. »Du weißt schon, was ich meine, oder?«
»Ja … klar.« Dieser Arsch. Er macht immer wieder so dumme Anspielungen. Als ob er das wirklich wollte. Aber so naiv bin ich auch nicht. Ich entscheide mich, mitzuspielen. »Ja, okay. Aber beschwer dich nicht, wenn es den Trip nicht wert war.«
»Oh, das wird es sein.« Selbst die Art, wie er seine Augenbraue hebt, ist cool. Mir kommen leise Zweifel. Er meint das doch nicht ernst, oder? Nein. Nein, garantiert nicht. Was soll Kyo denn mit mir?
»Super. Das sind ja … gute Neuigkeiten.« Ich räuspere mich und versuche, nicht rot zu werden. Vergeblich. »Dann bis morgen.«
Der Kleine ist seit gestern 12 Wochen alt (und sausüß!) und mir fiel auf, dass der letzte Beitrag hier aus dem Dezember stammt. Na gut … Was habe ich außer Stillen und Windelwechseln noch so getrieben? Geschlafen jedenfalls nicht. Aber das wird irgendwann besser, habe ich gehört. Spätestens in 18 Jahren.
Stattdessen habe ich eine Novelle geschrieben, die ich ganz langsam überarbeite und kostenlos auf Wattpad veröffentliche. Durch Ebernau habe ich Spaß an Serien entwickelt und so ist sie gleich der Anfang eines Dreiteilers. Oder eventuell Vierteilers, falls irgendjemand eine romantische Komödie über Zebulon (eigentlich: Rolf) lesen will. Warum ich da so unsicher bin? Äh, lest selber. Alle späteren Helden kommen im ersten Band schon vor und sind bis auf Rob ziemlich ungeeignet als romantische Protagonisten. Aber so mag ich es halt. 🙂 Wer Lust hat, über einen Hardcore-männlichen Thrillerautoren zu lesen, der sich die ganze Story über wie ein verliebter Teenager aufführt: Hier ist euer Buch. Einfach anmelden und los geht’s. 🙂
Ansonsten habe ich noch eine Kurzgeschichte geschrieben, die irgendwann im Sommer herauskommt und einen Roman angefangen. Einen Fantasy-Roman über ein wunderbares Klischee: Seelengefährten. Um ehrlich zu sein, musste ich nachlesen, was das bedeutet und jetzt finde ich es absolut großartig. Endlich ein neuer Weg, Charaktere, die sich nicht leiden können, zusammenzubringen. Hach ja … Klischees. Ich liebe euch, Klischees. Außer das über Frauen und Schuhe, aber meine Füße sind auch kastenförmig und zu groß.
Was ich ansonsten so treibe? Muttikram und Lesen. Immer noch nicht so viel wie ich will, aber viel mehr als vorher. Ich habe endlich etwas von Tharah Meester gelesen (Der Liebreiz einer Hyazinthe – wundervoll), Failed 1, Absinth mit dem Teufel 1, Bände 2 bis 6 der Whyborne und Griffin-Reihe, Das Erbe der Macht (1-6) und die Flüsse von London (Band 1 der Peter-Grant-Reihe). So viele Reihen! Aus Zeitmangel habe ich mich früher kaum daran getraut. Aber jetzt! Und bald fahren der Kleine und ich sogar in den Urlaub. Noch mehr lesen! Am Strand!
Das war’s soweit. Ich melde mich, falls es spannende Neuigkeiten gibt. Also vermutlich nicht vor Juli oder so. Habt einen schönen Sommer!
Ebernau 4 ist da! Joshs Geschichte heißt (natürlich!) „Winterchaot“ und ist, meiner bescheidenen Meinung nach, der krönende Abschluss der Reihe. Ich mag ihn einfach. 🙂
Ab sofort und für immer erhältlich auf Amazon und demnächst auch als Print. Und nun zum Klappentext:
Der letzte Winter – diesmal in Überlänge!
Zwei ältere Brüder zu haben ist hart. Vor allem, wenn man Josh Winter heißt, beide Brüder schwul sind und einem deshalb alle unterstellen, auch schwul zu sein. Dabei ist Josh doch in Anna verliebt! Anna, die sich leider nur für den Neuen in Joshs Klasse interessiert.
Lucian ist alles, was Josh nicht ist: wunderschön, cool, aus der Großstadt, in einer Band … und von einem düsteren Geheimnis umgeben. Irgendwie muss Josh ihn doch ausstechen können, oder? Selbst ein kindischer Chaot wie er muss in irgendetwas besser sein als dieser arrogante, viel zu attraktive Kerl, der selbstverständlich überhaupt keine kribbligen Gefühle in Josh weckt. Er steht ja nicht auf Männer. Überhaupt nicht.
Aber was ist mit Lucian?
Enthält: Kröten, kreative Maltechniken, Missverständnisse, Männererotik und die langsamste Liebesgeschichte von ganz Ebernau.
LESEPROBE:
1. Ärger
Der Neue betrat die Klasse und Josh Winter wusste, dass er ein Problem hatte. Nein, eigentlich wusste er es zwei Sekunden später, als er Anna leise keuchen hörte. Anna mit den wunderschönen Bernsteinaugen und der süßen Stupsnase. Anna, in die Josh seit Monaten verliebt war. Leider war sie nicht in ihn verliebt. Wirklich nicht. Er hatte sie gefragt. Und ihre Antwort war genau die gewesen, die er gefürchtet hatte.
»Na ja.« Sie hatte, halb erfreut, halb peinlich berührt, zu Boden gesehen, als er ihr seine Gefühle gestanden hatte, auf der Silvesterparty von Dean. Lärm, Rauch und bierseliges Grölen waren bis in das Nebenzimmer gedrungen, in dem sie allein gewesen waren. »Weißt du, Josh, du bist nett, aber … mehr so wie ein Bruder oder ein … Kumpel. Sorry, ich weiß, wie das klingt. Und, also, du weißt schon.«
»Was weiß ich?«, hatte Josh hervorgebracht, obwohl sein Brustkorb sich angefühlt hatte, als hätte Anna die Rippen auseinandergebogen und sein Herz mit einem Akkuschrauber bearbeitet.
Sie fuhr sich durch die wunderschönen braunen Haare. »Ich hätte eh Angst, dass du nachher doch schwul bist.«
»Ich bin nicht schwul«, hatte er gekrächzt, ungefähr zum hunderttausendsten Mal in seinem Leben.
»Deine ganze Familie ist schwul.«
»Gar nicht wahr«, hatte er gesagt. »Meine Schwester ist lesbisch.«
Anna hatte ihn angesehen, als würde das ihr Argument noch bekräftigen. Ihr niedlicher Mund hatte sich verzogen und sie hatte sich die echt superhübschen Augen gerieben.
»Ich könnte einfach nie sicher sein. Und … Du weißt schon.«
Er wusste es wieder nicht. »Was?«
»Du siehst irgendwie aus wie so ein Rothaariger.«
Josh hatte sich eine Strähne seines Haares vor die Augen gezogen, um zu überprüfen, ob sie in den letzten Stunden spontan die Farbe gewechselt hatten. Hatten sie nicht. Immer noch waren sie dunkelschlammbraun.
»Ein Rothaariger, der sich die Haare gefärbt hat«, beeilte sie sich, zu sagen. »Mit deinen Sommersprossen und so. Ich meine, das ist nicht schlimm, aber … irgendwie nicht sexy.«
»Oh.«
»Und außerdem …«
Josh war zurück auf die Party getaumelt, bevor ihr noch mehr Mängel einfallen konnten.
Zwischen den lärmenden und saufenden Leuten, die auf das neue Jahr angestoßen hatten, war er auf einen Sessel gesunken und hatte versucht, nicht zu heulen. Hatte weitestgehend geklappt. Zum Glück war die Luft so rauchgeschwängert gewesen, dass seine feuchten Augen normal gewirkt hatten. Dean war vorbeigetorkelt und hatte Josh gewünscht, dass er im nächsten Jahr einen netten Kerl kennenlernen würde. Am besten schnell. Josh wusste, dass Dean mit allen möglichen Leuten eine Wette darüber abgeschlossen hatte, wann Josh sich endlich outen würde. Anscheinend hatte er auf Anfang Januar getippt.
Es war eine beschissene Art gewesen, das neue Jahr zu beginnen.
Aber heute Morgen, am ersten Tag nach den Sommerferien, war Anna Josh auf dem sonnenüberfluteten Hof begegnet. Total hübsch in ihren Jeansshorts und dem grauen Shirt. Sie hatte ihm zugelächelt.
»Josh«, hatte sie im Vorbeigehen gerufen. »Gut siehst du aus!«
Sein Herz hatte so wild gehämmert, dass er es nicht geschafft hatte, zu antworten. Oder ihr zu sagen, dass sie noch viel, viel besser aussah. Tat sie nämlich. Eigentlich hatte er beschlossen, sie zu vergessen, jetzt, endlich, aber … er hatte sich nicht gegen die Hoffnung wehren können, die sich in ihm ausgebreitet hatte.
Und dann, in der ersten Stunde, hatte sie sich neben ihn gesetzt und ihm von ihren Ferien erzählt und es war absolut magisch gewesen, wie sie von ihrem Mallorca-Urlaub berichtet hatte. Wie ihr sanfter Duft nach Honigshampoo und Sonnencreme zu ihm hinübergeweht war. Joshs ganzer Körper hatte gekribbelt vor Glück.
Dann war alles schiefgegangen.
»Darf ich Ihnen Ihren neuen Mitschüler präsentieren?«, schnarrte Herr Fußinger deprimiert. Er verkraftete das Ende der Sommerferien stets am schlechtesten. »Lucian Grahl.«
In einer Kleinstadt wie Ebernau gab es selten Neuzugänge, also starrten alle den Kerl an, als wäre er eine totale Sensation. Aber das war nicht der einzige Grund: Der Neue war der attraktivste Mann, den Josh je gesehen hatte. Nein, er war nicht plötzlich doch schwul geworden. Er hatte einfach Augen im Kopf.
Der Typ, der vollkommen gelassen nach vorne schlenderte, müde grinste und »Hi«, sagte, sah aus, als wäre er irgendeinem Bandplakat entsprungen. Komplett schwarz gekleidet, mit dunklen, welligen Haaren, geschwungenen Lippen, breiten Schultern und einer so schmalen Taille, dass die Hose bestimmt nur hielt, weil sie viel zu eng war.
Anna keuchte auf und Josh wusste mit absoluter Sicherheit, dass er den Neuen bis ans Ende seines Lebens hassen würde. Er wagte es kaum, den Kopf zu wenden. Als er es doch tat, wünschte er sich, er hätte es gelassen. Annas Augen glänzten wie 1000-Watt-Scheinwerfer, während sie den Trottel anschmachtete. So wie alle Mädels der Klasse. Aber die anderen konnten so viel starren, wie sie wollten. Nur Annas offensichtliche Begeisterung schmerzte. So stark, dass Josh einen Moment lang nicht atmen konnte.
Du blöder Mistkerl, dachte er und sah den Neuen aus zusammengekniffenen Augen an. Der blickte nicht zurück. War wohl zu arrogant.
Er schien überhaupt kein Problem damit zu haben, angestarrt zu werden. Vermutlich war er das gewohnt, der Angeber. Vollkommen ruhig steckte er die Hände in die Hosentaschen und wartete darauf, dass Herr Fußinger ihn ausführlicher vorstellte. Ein Tattoo ragte aus dem Ausschnitt von Lucians dunklem Shirt. Josh erkannte einen schwarzen Kreis, zwei Fühler und die leeren Höhlen eines Totenschädels. Seltsam, warum kam ihm das bekannt vor?
Er sank in seinem Stuhl zusammen und wollte nur noch heim. Anna seufzte leise.
»Lucian ist mit seinen Eltern nach Ebernau gezogen und wird das letzte Schuljahr mit uns verbringen«, murrte Fußinger. »Er kommt aus Hamburg.«
Auch das noch. Eine richtige Großstadt. Josh sah aus den Augenwinkeln, wie seine Klassenkameraden sich vorbeugten. Nur Dean und Dennis lümmelten sich extra-selbstbewusst in ihren Stühlen und sahen den Neuen abschätzig an. Er beachtete sie nicht.
»Lucian, erzähl halt was über dich.« Herr Fußinger schleppte sich zu seinem Pult und setzte sich, langsam wie ein Achtzigjähriger. Dabei war er erst Anfang dreißig. Einmal war Josh ihm auf dem Weihnachtsmarkt begegnet, und sein Lehrer hatte mit glühweingeschwängertem Atem geklagt, dass er sich seinen Job so nicht vorgestellt hatte. Er zähle die Tage bis zur Rente. Mussten noch viele sein, so wie er sich die Augen rieb und seufzte.
Lucian kratzte sich am bloßen Arm und sah an die Decke. Selbst das wirkte nicht unsicher, sondern cool. Ja, der Drecksack schien umgeben von einer undurchdringlichen Rüstung aus Coolness.
»Da gibt’s nicht viel zu erzählen«, sagte er und natürlich war seine Stimme dunkel, voll und melodisch. Blödi. »Meine Eltern haben die alte Metzgerei übernommen und richten da eine Kunstgalerie ein. Meine Mutter kommt aus Ebernau. Ich war leider nur einmal hier, und da war ich noch ganz klein, aber jetzt bleiben wir. Wir müssen uns um meine Oma kümmern, weil sie nicht mehr ganz fit ist.«
Anna seufzte erneut. »Wie lieb«, hörte Josh von weiter hinten. Sein Kopf sank auf die verschränkten Arme. Hoffnungslosigkeit machte sich in ihm breit.
»Ich, hm, spiele Gitarre und habe in Hamburg Capoeira gemacht. Weiß nicht, ob ich damit hier weitermache oder mir was anderes suche. Mal sehen, was Ebernau so zu bieten hat.« Wieder dieses unverschämte, schräge Grinsen. Weiße Zähne. Schwarze Augen.
Wie ein Hai, dachte Josh trübselig.
Der Neue zuckte mit den Achseln. »Habt ihr irgendwelche Fragen?«
Drei Hände schossen hoch. Anna sprach, bevor es irgendjemand sonst tun konnte.
»Du bist in dieser Band, oder? Die, die beim Summer Open Air in Ravensburg aufgetreten ist? Ich hab euch gesehen!«
Nein! Josh schluckte. Der Neue fuhr sich durch die Haare, als wäre es ihm irgendwie peinlich. Er sah zu Boden.
»Ja, das waren wir. Iguana Bullet. Wir hatten echt Glück in diesem Jahr.« Er verzog das hübsche Gesicht. »Wir hatten jede Menge Gigs und haben ’ne Menge Festivals gespielt. Kein Wunder, dass ich sitzengeblieben bin.«
»Sitzengeblieben? Du bist schon achtzehn?« Annas Stimme war ein andachtsvolles Flüstern. Lucian nickte.
Josh war schlecht. Er war auch achtzehn und ein Sitzenbleiber, aber irgendwie hatte das Anna nie beeindruckt. Vielleicht, weil er nicht sitzengeblieben war, weil er über coole Festivals getourt war, sondern weil er ein planloser Chaot war, der dauernd seine Hausaufgaben vergaß.
Fünf weitere Hände schossen in die Höhe. Die Atmosphäre im Raum veränderte sich. Eine Begeisterung, die er hier noch nie erlebt hatte, packte jeden einzelnen von Joshs Klassenkameraden.
»Wart ihr nicht sogar in den Charts oder so?« Monas Augen waren rund wie Suppenteller.
»Nur kurz«, sagte Lucian.
Hör auf, so bescheiden zu tun, dachte Josh.
»Wie lange?«, fragte Dennis und gab sich Mühe, höhnisch zu klingen.
»Fünf Wochen. Die höchste Platzierung war, glaube ich, die Nummer zwölf.« Wieder erschien das schräge Grinsen. »Wolf, unser Schlagzeuger, war stinksauer, dass er so einen kommerziellen Scheiß-Song geschrieben hat.«
Gelächter. Helles Kichern von Anna. Der Raum stank vor Bewunderung. Josh versuchte, mit seinem Tisch zu verschmelzen und in eine andere Dimension zu versinken. Anna hob wieder die Hand.
»Wie fühlt sich das an, wenn man auf einer Bühne steht?«, fragte sie. Ihre Stimme war ein einziges Seufzen.
»Oh, gut«, sagte Lucian. »Verdammt gut.«
»Was für andere Bands habt ihr getroffen, Lutschen?«, fragte Bastian.
»Lucian«, korrigierte Lucian, als hätte er das schon tausendmal gemacht. »Also, in Ravensburg standen wir mit Hamster of the Week auf der Bühne und …«
Der Rest der Stunde wurde nicht besser. Lucian badete in der Bewunderung der Klasse und Josh wurde deutlich vor Augen geführt, dass der Neue ihm in absolut allem überlegen war. In wirklich allem. Er hätte sein rechtes Bein dafür gegeben, dass Anna ihn nur einmal so ansah wie Lucian. Sein einziger Trost war, dass eine Hälfte der Klasse Lucian »Lutschen« nannte und die andere »Luschen«. Ein sehr schwacher Trost. Josh hätte ihn gern »Lusche« genannt, aber der Neue konnte ja nichts dafür, dass Anna auf ihn stand. Und Anna konnte nichts dafür, dass sie auf den Neuen stand. Wie hätte sie nicht auf ihn stehen können?
Josh seufzte leise.
Das wird ein beschissenes Schuljahr, dachte er.
2. Frisch eingetroffen
Ehrlichkeit ist das erste Kapitel im Buch der Weisheit. Das hatte Lucians Vater gesagt. Okay, eigentlich hatte Thomas Jefferson das gesagt, aber Lucians Vater hatte ihn zitiert. Und Lucian wollte ehrlich sein, auch wenn es ihm eine Höllenangst einjagte. Selbst wenn sein Nacken von kaltem Schweiß bedeckt war, während er vor seiner neuen Klasse stand. Die wirkten ganz nett. Neugierig, klar, aber nur die zwei blonden Typen ganz hinten sahen ihn irgendwie feindselig an. Da war Lucian Schlimmeres gewohnt.
Es gab noch einen anderen, der ihn nicht mit strahlenden Augen anblickte: Der niedliche Braunhaarige, der am Fenster saß und schaute, als würde er sich am liebsten von einer Brücke stürzen. Was der wohl hatte?
Lucian erzählte irgendwas darüber, warum er hier war, und stellte sich vor, dass er auf der Bühne stehen würde. Das half gegen die Nervosität. Er war immer noch zittrig, aber man merkte es ihm nicht mehr an.
Wenn jemand fragt, sage ich die Wahrheit, dachte er. Ich verstecke mich nicht mehr.
Das Mädchen im grauen Top hob die Hand und stellte eine Frage. Nicht die, die er heimlich fürchtete, aber eine, die er genau so wenig beantworten wollte.
»Du warst in dieser Band, oder?«
Er seufzte innerlich. Ach, das. Aber er sagte die Wahrheit, echt und ehrlich. Plötzlich glotzten ihn alle an, als wäre er … irgendetwas, aber auf keinen Fall ein Mensch. Ein Halbgott, hatte John, ihr Sänger, gesagt. Der freute sich über die Aufmerksamkeit. Lucian wäre ganz gern mal wie ein normaler Mensch behandelt worden, aber anscheinend bestand die Welt darauf, ihn entweder als einen Star oder als totalen Dreck zu sehen. Selbst die beiden Blonden wirkten beeindruckt. Nur der Braunhaarige behielt seine deprimierte Miene bei. Lucian mochte ihn.
»Habt ihr euch getrennt, oder warum bist du hier?«, fragte einer der Blonden, in einem schwachen Versuch, ihn zu provozieren. »Also du und deine Band. Du kannst ja schlecht touren, wenn du bei uns bist, oder?«
Lucian schenkte ihm einen verächtlichen Blick. »Wir machen ein Jahr Pause. Wegen dem ganzen Touren haben wir alles andere vernachlässigt. Jetzt müssen wir das erstmal nachholen. John und ich holen das Abi nach, Medos macht seine Ausbildung fertig und Wolf seinen Bachelor. In einem Jahr geht’s weiter.«
»Ach so.« Das Mädel im grauen Top bekam Sternchenaugen. »Dann schreibt ihr neue Songs und so?«
Lucian nickte.
»Über jemand Speziellen?«, fragte sie. Eins der anderen Mädels kicherte spöttisch. Ihre Freundin fiel ein und die im grauen Top wurde rot. Lucian räusperte sich.
»Mal sehen. Kommt drauf an, was bis dahin passiert.« Ups. Klang das, als würde er mit ihr flirten? Ihre Wangen färbten sich noch röter und er fürchtete schwer, dass es so war.
Lucian, du Volltrottel, dachte er.
Als er sich endlich setzen durfte, war sein Rücken schweißnass. Vermutlich sah man es auf dem schwarzen Shirt nicht und außerdem war es eh sauheiß im Raum. Die Luft, die durch die gekippten Fenster drang, schien aus einem Fön zu kommen.
Natürlich hatte er als Neuer einen Platz ganz vorne bekommen. Der bebrillte Typ, der neben ihm saß, starrte ihn den Rest der Stunde über unauffällig an. Immerhin schwieg er.
Die Ruhe währte nur kurz. Kaum war die Stunde vorbei, bildete sich eine Traube um Lucians Tisch.
»Bist du reich?«, fragte ein ausgesprochen hübsches Mädchen. »Ich meine, mit den Touren und so … Habt ihr da viel verdient?« Ihre Augen glänzten wie Goldbarren.
»Leider nein. Bei einem guten Sommer und einem mittleren Hit kommt nicht so viel rum.« Er zuckte mit den Achseln und packte seinen Rucksack. »Dabei hätte ich nichts dagegen, Porsche zu fahren.«
Sie kicherte. »Und deine Freundin?«, fragte sie und strich betont gelangweilt die rotblonden Haare hinters Ohr. »War die traurig, als du so lange auf Tour warst?«
»Ich hab keine Freundin«, sagte Lucian und holte tief Luft. Gleich, dachte er. Du schaffst das, du alter Feigling.
Augen blitzten um ihn herum auf wie Sterne in der Nacht. Gleich.
»Oh.« Die Rotblonde versuchte, betrübt auszusehen. »Wie schade. Hättest du gern eine? Was für Mädchen magst du?«
»Gar keine.« Lucians Eingeweide krampften sich zusammen. Er wusste, dass er äußerlich vollkommen gelassen wirkte, aber innerlich bestand er nur noch aus harter, starrer Anspannung. »Ich mag Männer.«
Schweigen. Sterne erloschen. Irritiertes Blinzeln aus einem halben Dutzend Augenpaaren. Lucian zwang sich, ruhig zu atmen. Er spürte das feuchte Holz unter seiner Handfläche und die nasse Rückseite seines Shirts und die abartige Hitze, die von draußen über seine nackten Arme floss. War es überhaupt so heiß oder lag das an der Aufregung?
»Ach … so.« Dem rotblonden Mädchen schien nichts mehr einzufallen. »Na dann.«
»Und, äh, hattest du in Hamburg einen Freund?«, fragte eine andere schließlich.
Lucian zuckte mit den Achseln. Er war vollkommen fertig von all dieser Ehrlichkeit. Mehr war gerade einfach nicht drin.
»Was haben wir als nächstes?«, fragte er statt einer Antwort.
»Äh. Musik. Aber das ist nicht hier.« Sein bebrillter Nachbar räusperte sich. »Das ist im Musikzimmer.«
»Gut. Bis gleich.« Lucian lächelte und marschierte an ihnen vorbei. Seine Knie fühlten sich an wie nasse Watte, sein Herz wie ein hyperaktiver Wecker. Aber er hatte es geschafft.
Nicht schlecht, dachte er und genehmigte sich einen Seufzer, sobald er aus der Tür getreten war. Nun wussten es schon doppelt so viele Leute wie bisher. Und er hatte keinen Zweifel daran, dass die Zahl sich exponentiell erhöhen würde. Bis morgen wusste vermutlich jeder Bescheid. Und dann?
Es wird nicht wie damals, dachte er. Ganz bestimmt nicht. Das war … Pech. Und selbst wenn, jetzt kann ich damit umgehen. Ich bin jetzt ein Anderer. Ich bin jetzt stärker und der Erste, der mich auch nur blöd anquatscht, kriegt ’nen Nasenbruch vom Feinsten.
Lucian schluckte. Panik drängte seine Kehle hoch. Nein. Es würde diesmal ganz anders werden. Und er würde ehrlich sein.
Er fand die Toilette und kippte sich so lange kaltes Wasser ins Gesicht, bis er wieder ruhig war. Fast ruhig. Ein wenig ruhiger zumindest. Die Glocke läutete. Wo war eigentlich dieses Musikzimmer? Hätte er jemanden fragen sollen, statt cool davonzuschlendern? Warum fiel ihm so etwas immer erst nachher ein?
Etwas hilflos sah er sich im Flur um. Ganz hinten entdeckte er eine kleine Gruppe und registrierte mit Freude, dass er die Gesichter kannte. Es waren das Mädel im grauen Top, zwei andere und der deprimierte Dunkelhaarige. Den fand er eh sympathisch. Der Typ schien gerade in eine hitzige Diskussion mit dem blonden Kerl vor ihm vertieft zu sein.
Lucian näherte sich. Das Mädel im grauen Top bemerkte ihn. Sie tippte dem Dunkelhaarigen auf die Schulter und deutete auf Lucian. Der fuhr herum. Sein Gesicht war knallrot, die Lippen ein weißer Strich. Oh, er hatte Sommersprossen. Ziemlich süß.
»Hi«, sagte Lucian und lächelte.
Eigentlich bin ich am Freitag abend schon mit der Rohfassung von „Josh“ fertig geworden. 🙂 Lieblingsstellen gibt es keine mehr wegen Spoilergefahr. Und das Manuskript hat tatsächlich rund 88.000 Wörter. Bei der Überarbeitung gehen immer ein paar verloren, aber … Glückwunsch, Josh! Das sind über 20.000 mehr als geplant. Ich hätte ahnen müssen, dass ausgerechnet du überziehst. Wenn alles gutgeht, kommt das E-Book aber noch vor Weihnachten raus. 🙂